Howdy, wir fahren nach Texas! Cowboys in Austin

Durch weite, steppenartige Landschaften geht es in den Staat von Öl und Cowboys. Die Fahrt von Louisiana nach Texas führt uns vorbei an riesigen Viehweiden, Raffinerien und Ölfeldern. Auf der tatsächlich sehr schön gestalteten Raststätte, auf der wir die Nacht verbringen, wird vor Klapperschlangen auf den Wegen gewarnt. An einer Tankstelle befüllt an der Nachbarzapfsäule ein Herr mit Cowboyhut, Schnurrbart, Lederhose und Waffe am Gürtel seinen überdimensionierten Pickup. Auf dem Umgehungshighway um Dallas fühlen wir uns recht klein zwischen all den großen 4x4s.

Unser Ziel ist die liberale Hochburg des republikanisch geprägten Texas, Austin. Hier wohnt Ian, der vor ein paar Jahren einige Monate in Nikos WG gelebt hat. Zusammen mit seiner Freundin Brittany sowie Pudel und Katze, wohnt er in einer gemütlichen Wohnung. Allerdings passen die Bewohner wirklich geradeso hinein, sodass wir unser Auto als Schlafzimmer benutzen. Die beiden sind auf der Suche nach einem Haus, allerdings hat der hippe Ruf Austins die Westküste erreicht, und zu einem Zuzug vermögender Kalifornier geführt, die die Immobilienpreise in horrende Höhen getrieben haben.

Wir stellen uns mit unserem Selfmade Camper direkt vor die Tür der beiden auf den Anwohnerparkplatz und haben so quasi ein sleep-out. Nach unseren alltäglichen Abenteuertouren sitzen wir meist noch lange in der Küche und genießen die lokalen Delikatessen.

Eines Nachts klopft jemand laut an unsere Autoscheibe und als wir verschlafen aus der Tür linsen stehen tatsächlich die Cops vor uns. Offenbar hatte sich ein besorgter Anwohner wegen unseres “verdächtigen” Wagens gemeldet. Nach einem knappen Verhör entspannt sich die Lage und es wird noch etwas geplaudert, bevor wir weiterschlafen dürfen. Nochmal Glück gehabt, dass wir von heller Hautfarbe sind, schätze ich.

Ian und Brit legen sich mächtig uns Zeug, uns zu echten Texas-Fans zu machen, mit Erfolg. Denn so skurril einem dieser Staat aus der Ferne erscheinen mag, irgendwie ist der Lokalstolz der Texaner ansteckend. Und an Tex-Mex, Margeritas und texanisches Barbeque kann man sich durchaus gewöhnen. Und die Art und Weise, wie in Austin Cowboystiefel, -hüte und Holzfällerhemden mit urbanem Hipstertum gepaart werden ist faszinierend. Für uns immernoch ungewohnt ist allerdings, dass man wirklich überall hin mit dem Auto fahren muss. Umso dankbarer sind wir, hier bei Freunden zu Besuch zu sein. Die wirklich coolen Ecken würden wir sonst wohl wirklich schwer finden.

Austin ist bekannt für seine Musik- und Clubszene, und wir profitieren von unseren lokalen Gastgebern, die ein besonderes Highlight für uns auftuen: ein Konzert in einer Geisterstadt. Tatsächlich hat hier ein Vater-Sohn-Gespann alle möglichen Artefakte zusammengetragen und die ganze Stadt zusammengezimmert. Eine künstliche Geisterstadt also, die aber genauso aussieht, wie man sich einen solchen Ort vorstellt. Es wirkt surreal, als würde man durch die Kulisse eines Westerns laufen. Wir erkunden Saloon, Gefängnis und Co., verirren uns in einem Labyrinth und werfen Hufeisen über Stäbe. Dazu lokales und mexikanisches Bier, sowie “Corndogs”, Hotdogwürstchen im Maismehlmantel frittiert. Je später der Abend um so ausgelassener schwingen die Cowboys und -girls das Tanzbein.

Das Timing für unseren Austinbesuch ist perfekt, denn wir kommen in Genuss eines weiteren Amerikanischen Highlights, eines echten Thanksgiving Dinners. Zwar ist der eigentliche Feiertag erst am kommenden Wochenende, aber Ian, Brit und ihre Freunde treffen sich schon jetzt zum “Friendsgiving”, bevor sie am eigentlichen Feiertag zu ihren Familien fahren. Beim Friendsgiving bringt jeder Gast eine Leckerei mit, üblicherweise Dinge, die zu einem traditionellen Thanksgiving Dinner gehören: Mixed Beans Casserole, Mashed Potatoes, Pecan Pie (typisch texanisch, Pecanüsse werden hier im großen Stil angebaut), Ham und natürlich Truthahn! Dieser wird in einer mehrstündigen, wissenschaftlichen Prozedur in einem riesigen Topf Erdnussöl im Garten im Ganzen frittiert. Klingt irgendwie abstossend, schmeckt absolut gigantisch.

Erholt von den Ess- und Trinkeskapaden der Vorabende gibt es noch einen Ausflug in die Umgebung. Eine kurze Wanderung führt uns zum Hamilton Pool. Ein wunderschöner Wasserfall, mit einem See, der eigentlich nach Schwimmen schreit. Allerdings überkommt uns langsam trotz vorabendlicher Schlemmerei der Hunger, und wir machen uns auf den Weg zum original texanischen Barbeque. Es gibt von jedem etwas, und wir müssen die Hälfte einpacken, weil die Augen diesmal sehr viel größer waren als der Magen.

Den Nachmittag verbringen wir mit einem Spatziergang durch Frederiksburg. Die kleine Stadt wurde von deutschen Siedlern gegründet, und die Mischung aus Texas und Deutschland ist wirklich skurril. Geschäfte heißen gern “Der Kleiderschrank” oder “Biergarten XY”, und natürlich gibt es deutsche Fleischereien, Bäckereien, Importwaren etc. Daneben gibt es Gewehre und Cowboystiefel zu kaufen. Auf jeden Fall ein interessanter Ausflug.

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