Wilder Westen in den Wüsten und an den Küsten Westaustraliens

Perth ist eine der isoliertesten Großstädte der Welt. Richtung Süden ist die Gegend um Margareth River noch ziemlich belebt, die Westküste hingegen ist äußerst dünn besiedelt und stundenlange Fahrten durch die karge Wüstenlandschaft stehen auf der Tagesordnung.

Die Tage zu dieser Jahreszeit sind kurz. Gegen halb sechs Uhr geht die Sonne unter und schon eine Stunde später ist es stockfinster. Nachtfahrten können wegen der mitunter riesigen Kängurus, die sich gern um den Highway herumtreiben ohne schützenden “roo bar” (Känguru-Fänger) tödlich enden und am Straßenrand zeugen immer wieder Auto- und Känguruleichen von den Folgen des Aufeinandertreffens. Unser Tag beginnt nun immer mit frischem Kaffee und fruchtigem Müsli zum Sonnenaufgang, der die Wüstenlandschaft jeden Morgen in ein buntes Farbenmeer taucht. Schotterpisten führen vom Highway zu kleinen Rastplätzen im Busch, welche gleichermaßen von Touristen und Einheimischen als Übernachtungsmöglichkeit genutzt werden aber häufig sind wir, abgesehen von Kakadus, Papageien und Kängurus die einzigen und genießen die Abgeschiedenheit dieser Plätze unter dem überwältigendem Sternenhimmel, der hier von keiner Lichtquelle gestört wird.

Unser erster Stopp an der Westküste ist der Nambung Nationalpark mit der Pinnacle Desert. Hier in der Wüste stehen skurrile Felsformationen, die aussehen, als hätte Obelix Hinkelsteinwerfen geübt. Wir kommen zum Sonnenuntergang an und bekommen so das fantastische Spiel aus rotem Abendlicht und langen Schatten, die die Pinnacles über den Boden werfen zu sehen.

Der Highway führt über weite Teile schnurstracks Richtung Norden. So genannte Road Trains rauschen Tag und Nacht mit drei Anhängern und bis zu 35 Metern Länge durch die Wüste und machen Überholmanöver zum Nervenkitzel. Da wir meist den Straßenverlauf kilometerweit überblicken können, wird überholt was uns in die Quere kommt. Die steppenartige Wüste öffnet sich an einigen Stellen für große Dünenlandschaften. Die typische Farbe der Landschaft hier ist so rot wie man es sich vorstellen würde, die Sanddünen hingegen treffen mit schneeweißem Sand unvermittelt auf den roten Wüstensand und bilden eine unvermittelte Farbkante.

Am nächsten Morgen fahren wir in Kalbarri vorbei, wo seit über 40 Jahren, immer zur selben Zeit Pelikane angeflogen kommen, um sich eine Portion Fisch abzuholen. Damals von den lokalen Fischern gefüttert, steht heute eine nette, dicke Frau am Wasser und erzählt Geschichten über die riesigen Seevögel.

Ähnlich wie bei den Pelikanen begann auch die Geschichte mit den Delphinen von Monkey Mia. Der Strand von Monkey Mia liegt etwa 1000 km nördlich von Perth am nordöstlichen Zipfel einer Halbinsel in der Shark Bay. In den 1960er Jahren begannen die lokalen Fischer die regelmäßig vorbei ziehenden Bottlenose Dolphins (große Tümmler) mit ihren Fischabfällen zu füttern. Die cleveren Tiere gewöhnten sich an diese kleine Zwischenmalzeit und kommen fortan für einen kleinen Morgensnack an den Strand. Und so stehen auch wir um acht Uhr morgens knietief im Wasser und tatsächlich kommen nach einer Weile vier große Delphine. Sie schwimmen eine Zeit lang im flachen Wasser umher und scheinen uns mit ihren beinahe menschlich wirkenden Augen anzuschauen, bevor sie sich ihren täglichen Snack schnappen und sich gleich darauf wieder ihren eigenen Geschäften widmen. Ich bin schon im Neoprenanzug zur Fütterung gekommen und schwimme mit den Delphinen in die Bucht wo sie, ungeachtet meiner Anwesenheit, um mich herum jagen und immer wieder neben mir auftauchen um zu Atmen oder den Fisch an die Wasseroberfläche zu treiben.

Neben Monkey Mia prägen verschiedenartige, schneeweiße Strände die Shark Bay. Wie der Name schon verrät besteht der strahlend weiße “Shell Beach” nicht aus Sand, sondern aus abertausend kleiner Muscheln. Das Wasser ist an dieser Stelle sehr flach und durch eine natürliche Barriere in der Bucht vom offenen Meer abgetrennt. Dadurch wird das flache Wasser sehr warm, und bildet einen sehr hohen Salzgehalt, in dem man sich, fast wie im Toten Meer in Jordanien, wie schwerelos treiben lassen kann. An diese extremen Bedingungen hat sich eine Muschelart angepasst, welche über die Jahrtausende an den Strand geschwemmt wurde und fein zermalen heute die Landschaft prägt.

Und eine weitere Besonderheit findet sich in der Shark Bay und zwar eines der ältesten Lebewesen der Erde, die Stromatoliten. Das sind steinartige Strukturen, die durch Cyanobakterien erzeugt werden. Diese Bakterien waren vor Millionen von Jahren mit für den Aufbau unserer heutigen Atmosphäre verantwortlich. Die Stromatoliten in den Hamlin Pools, die wir besichtigen sind mit 2-3000 Jahren also noch sehr jung und die Besonderheit an diesem Standort: Die Stromatoliten wachsen hier noch.

Ansonsten sind sich viele Tierarten auf der Halbinsel heimisch oder werden langsam wieder angesiedelt. Emus laufen überall herum und prompt läuft uns am einsamen Übernachtungsspot eine seltene Mausart mit riesigen Ohren über den Weg.

Weitere 500 km nördlich ist es jetzt richtig schön warm. Wir sind am Ningaloo Reef angekommen, das sich auf einer Länge von 250 km an der Küste erstreckt. Anders als das Great Barrier Reef an der Ostküste liegt das Riff direkt vor der Küste und lässt sich vom Strand aus mit Schnorchelequipment erkunden. In der Coral Bay kann man sich von der einen Seite der Bucht mit der Strömung über das Korallenriff treiben lassen und wir beobachten Rochen, großen Wasserschildkröten und tausende, bunte Fisch- und Korallenarten. Um auch die größeren Meerestiere zu sehen, fahren wir mit einem Boot zum äußeren Riff, wo wir einem Mantarochen mit einer Spannweite von über vier Metern begegnen, der majästetisch mit gleichmäßigen Schlägen seiner riesigen Flossen durch das Wasser gleitet. Auch einige Riff Haie ziehen unter uns ihre Kreise, als wir durch das Wasser schnorcheln. Den Tigerhai bekommen wir dann aber glücklicherweise erst zu sehen als wir bereits wieder auf dem Boot und dem Rückweg Richtung Strand befinden.

Wir fahren noch einige Tage Richtung Norden das Riff entlang. Quer durch den Cape Range National Park verläuft ein Canyon, in dem wir Bergkängurus begegnen. Das Hauptaugenmerk in diesem Nationalpark liegt aber auf der Küste. Ein Traumstrand folgt auf den anderen und nur ein paar Flossenschläge entfernt beginnt das Korallenriff, mit vielen Wasserschildkröten und all den anderen, bunten Meeresbewohnern.

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