Kopfüber in die balinesisch hinduistische Kultur

In Bali schlägt uns die tropische Hitze ins Gesicht sobald wir das Flughafengebäude verlassen. Lange ist es her, dass wir uns gegen einen Ansturm von Taxifahrern zur Wehr setzen mussten, die uns zu überhöhten Preisen durch die Gegend fahren wollen. Und auch wenn es direkt anstrengend ist, ist es irgendwie auch schön vertraut – Willkommen zurück in Asien!

Zum Glück haben wir ein paar Tipps vorab bekommen, darunter auch, erst das Flughafengelände zu verlassen, und dann eins der hellblauen “Blue Bird” Taxis zu suchen, die ihr Taxometer einschalten. Nach kurzer Zeit erreichen wir das uns empfohlene Guest House Tungjun Bali Inn am Kuta Beach. Schöne Gebäude fassen einen grünen Innenhof mit Pool ein, die Fassaden sind bewachsen von tropischen Pflanzen. Die Zimmer sind wie gewohnt spartanisch.

Auf den engen Straßen Kutas wimmelt es von fliegenden Händlern, Motorradtaxis und Touristen, Souvenierläden, Restaurants und Massagesalons reihen sich aneinander. Aber zwischen all dem Kommerz ist die tiefe Verwurzelung der hinduistisch-balinesischen Kultur in Form von Tempeln und Schreinen, die sich an jedem Haus finden, allgegenwärtig. Zweimal täglich werden außerdem den Geistern Opfergaben gebracht. Hierzu werden Reis, Süßigkeiten und manchmal auch Zigaretten oder Getränke in einem mit Blumen bestückten Schälchen aus Bananenblättern auf die Schreine sowie vor die Eingangstür gestellt. So gestaltet sich ein Spaziergang als Spießrutenlauf, nicht nur um Schlaglöchern, streunenden Hunden und anderen Menschen auszuweichen, sondern auch, um die kleinen Kunstwerke nicht zu zertreten. Die Balinesische Version des Hinduismus vereint die Lehren des indischen Hinduismus mit den vielen uralten Bräuchen und der Verehrung der Ahnen und der Natur, die auf Bali schon vor der Ankunft des Hinduismus vor über 700 Jahren praktiziert wurden. Die Religion ist daher sehr von Bräuchen geprägt, die vor Dorf zu Dorf unterschiedlich sind. Im Gegensatz zu Indien ist auch das Kastensystem deutlich schwächer ausgeprägt, es gibt keine Unberührbaren, und Ehen zwischen den Kasten sind auch möglich. Hierzu muss allerdings der Bräutigam die Braut für eine Woche “entführen” – da dies in gegenseitigem Einverständnis geschieht vielleicht eher ein “durchbrennen”?

Ein vorherrschendes Bild von Bali ist das einer Insel gesäumt von weißen Sandstränden. In Wirklichkeit sind die meisten Strände vulkanisch schwarz und große Teile der Küste sind felsig. Der 12km lange Kuta Beach ist einer der wenigen hellen Sandstrände, und daher Haupttouristenzentrum der Insel. Der breite Strand ist übersät mit kleinen Bars, Sonnenschirmen und Strandliegen sowie Mini-Surfschulen und Surfboardverleihern. In den Wellen wimmelt es von Surfern und Urlaubern, die versuchen, sich in dem badewannenwarmen Wasser abzukühlen. Abends werden die Sonnenstühle eingepackt und stattdessen Sitzsäcke an den Strand gelegt und bunt beleuchtet. Live Bands sorgen für Amüsement und alle paar Minuten steigt eine Himmelslaterne auf.

_DSC1095Beim Abendessen in einem der vielen kleinen Restaurants kommen wir mit den Eigentümern ins Gespräch. Ana und Agung haben den Laden erst vor zwei Wochen übernommen und suchen bei ihren Gästen für weitere Inspiration für die Gestaltung. Bei einem hervorragenden Mojito, der den vorangegangenen Margerita um längen schlägt, sammeln wir zusammen ein paar Ideen. Schließlich lädt Ana uns spontan ein, am folgenden Tag mit ihr in ihr Heimatdorf zu fahren, wo eine große Zeremonie zur Ehre der Verstorbenen stattfindet. 

Morgens packen wir schnell unsere sieben Sachen, mieten uns ein Motorrad und auf geht die Fahrt! Niko macht den Fahrerjob wirklich gut, und bleibt trotz des ziemlich dichten Verkehrs gut an Ana dran. Hanna versucht auch bei den gewagten Überholmanövern cool zu bleiben.

13576392_10209193830339547_499497406_nDie Fahrt dauert über zwei Stunden, mit einem kurzen Stopp am Tempel, sowie bei Agungs Eltern, wo Ana ihre kleine, einjährige Tochter abholt, die bei den Großeltern lebt. Schließlich erreichen wir das Haus von Anas Eltern, wo auch die Zeremonie stattfindet. Es stellt sich heraus, dass Anas Vater der hinduistische Priester ist, der die Zeremonie abhält. Wir treten wahrscheinlich in hundert Fettnäpfchen, in unserem Unwissen, was für eine hohe Person wir hier vor uns haben.

IMG_0745Es ist der Abschluss einer mehrere Wochen dauernden Reihe von Zeremonien, die mit der Verbrennung der Verstorbenen begonnen hatte. Diese Totenzeremonie ist im Hinduismus von sehr großer Bedeutung, und wie man sich vorstellen kann auch recht kostspielig. Daher haben sich 18 Familien aus der Gegend zusammengetan, um die Verstorbenen zu ehren.

Nachdem Tod wird der Leichnam für die Dauer von mindestens 42 Tagen begraben, bevor die Zeremonie beginnt. Da der Beginn aber neben den finanziellen Mitteln der Angehörigen auch von der Bestimmung eines geeigneten Tages für die Verbrennung abhängt, kann auch ein deutlich längerer Zeitraum, bis über ein Jahr vergehen. Wir wissen also weder, wer genau gestorben ist, noch wann.

Der Teil der Zeremonie, den wir miterleben, besteht aus verschiedenen traditionellen Tanzdarbietungen und symbolischer Opfergaben, und endet damit, dass all die kunstvollen Gaben, die bei unserer Ankunft auf einer Tafel aufgebaut sind, ins Meer gebracht werden. Dieser Teil der Feierlichkeiten ist tatsächlich eher fröhlich, die traurigen Zeremonien sind bereits vorbei.

Bei unserer Ankunft ist der morgendliche Teil der Zeremonie schon vorbei, und es geht erst am späten Nachmittag weiter. Überall sitzen kleine Gruppen Menschen in den Pavillons den Zelten und uns bleibt Zeit, uns etwas umzuschauen. 

Wir werden freundlich begrüßt, sind aber natürlich auch vielen neugierigen Blicken ausgesetzt, und freuen uns, als Anas Nachbar eintrifft, der gutes Englisch spricht, und uns viel über die balinesische Kultur erzählen kann. Ana hat derweil alle Hände voll zu tun, denn neben ihrer kleinen Tochter ist nun auch ihr 5-jähriger Sohn da, der bei ihren Eltern aufwächst.

Das Haus von Anas Eltern ist in traditionellem Stil gebaut. Dabei gibt es verschiedene Gebäude für verschiedene Funktionen, manche Nutzungen finden auch in offenen Pavillons statt. Außerdem hat jedes Haus seinen eigenen Tempel.

Schließlich werden wir in die passende traditionelle Kleidung gesteckt und dem Anlass entsprechend herausgeputzt. Niko bekommt passende Kleidung von Agung, Hanna wird traditionellen Gewändern von Ana eingekleidet und geschminkt wie eine Puppe. Es wird deutlich voller im Hof, und zwischen den in traditionellen Gewändern gekleideten Menschen stechen die Tänzer und Tänzerinnen in ihren prunkvollen Kostümen hervor. In einem Pavillon sitzen die Musiker und spielen exotische Melodien auf uns völlig fremden Instrumenten. Die Tänze sind sehr ausdrucksstark, sowohl von den Bewegungen als auch der Mimik her, und man sieht, dass viel Übung dahinter stehen muss. Dann auf einmal fangen alle Frauen an zu tanzen, wie die Musik sie leitet, und Hanna muss auch mitmachen. Wenig später muss auch Niko ran, als es Zeit für die Männer ist zu tanzen.

IMG_0738Das kleine Dorf ist umgeben von Reisfeldern und weitem Jungle. Die Straßen werden schnell zu Schotterpisten und dann zu Pfaden, an denen kleine Häuser zwischen den Palmen stehen. Wie wir schon in Kuta gemerkt haben, sind die Balinesen unglaublich freundliche Menschen und wir werden überall mit zurückhaltender Freundlichkeit gegrüßt und beobachtet. Wer Englisch spricht sucht aber auch offen den Kontakt. Einzig die Hunde scheinen uns Eindringlingen etwas skeptisch gegenüberzustehen und begrüßen uns mit leidenschaftlichem Gebell.

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