Wir fahren auf der Nordroute durch Ontario. Mit einer Bevölkerungsdichte von 3,5 Einwohnern/ km² ist hier nicht viel los. Neben dem riesige Lake Superior gibt es vor allem Seen, Wald und Felsen.
Wir nutzen ein Niemandsland auf dem Weg zum wild Campen. Schon tagsüber ist es relativ frisch gewesen, über Nacht fällt die Temperatur allerdings unter den Gefrierpunkt. Es ist sehr kalt und unsere dünnen IKEA-Decken bieten nur wenig Schutz. Als wir morgens aus dem Van linsen, ist der Wasserkanister teils eingefroren und das Gras glänzt vom weißen Raureif. Ein Entschluss wird gefasst: Von nun an leisten wir uns Hostelzimmer.
Nach der kalten Nacht können wir uns immerhin in der Sonne im Örtchen Sault Ste. Marie aufwärmen, wo einer der Umschlaghäfen der Schifffahrt auf den Großen Seen liegt. Ansonsten ein recht beschaulicher Ort.
Thunder Bay ist eine der wenigen Städte und als eine der wenigen Städte unweigerlich für einen Zwischenstopp an, denn hier gibt es immerhin zwei Hostels, und auch sonst jegliche notwendige Infrastruktur.
Tatsächlich ist das “Sleeping Giant Backpackers” ein sehr gemütliches Haus mit einer freundlichen, etwas redseligen Gastgeberin, wo man sich zwischen einigem Klimbim und historischer Einrichtung gleich zuhause fühlt. Sonst gibt es allerdings nichts wirklich sehenswertes, außer großen Straßen mit den typisch nordamerikanischen Ladenstrukturen – Gesichtslose Geschäfte und riesige Parkplätze.
Nach einer Übernachtung geht es direkt weiter, entlang des unglaublich großen Lake Superior. Dieser ist mit über 82 Tausend Quadratkilometern der flächenmäßig größte See der Welt, und tatsächlich hat man oft eher das Gefühl, man würde aufs Meer schauen.
Gerade zu dieser Jahreszeit ist die Route wirklich wunderschön, mit Blicken auf den tiefblauen See mit seinen vielen Inseln und den Bäumen, deren Laub die verschiedensten Rot-, Gelb- und Grüntöne angenommen hat. Der Indian Summer wie aus dem Bilderbuch.
Allerdings ist es auf einmal sehr kalt geworden, die Temperaturen bewegen sich in den untersten Plusgraden und dazu weht ein Wind, der anscheinend direkt aus der Arktis kommt, und so beißend eiskalt ist, dass wir die geplanten Wanderungen auf das Minimum beschränken, und die Schönheit der Landschaft vor allem aus dem Auto genießen. Tatsächlich fängt es sogar an zu schneien, und die bunten Bäume mit einer dünnen Schneeschicht und den tanzenden dicken Flocken sehen besonders schön aus.
Eine der kleinen Wanderungen zu denen wir uns durchringen führt zum Ouimet Canyon. Mitten in der Landschaft tut sich plötzlich eine 150m breite und 100m tiefe Schlucht auf, mit senkrecht abfallenden schroffen Felswänden. Tatsächlich herrscht unten im Canyon ein Mikroklima, in dem arktische Pflanzen wachsen, die man sonst nur 1000km weiter nördlich findet. Wie die riesige Kluft die sich hier so plötzlich auftut entstanden ist, ist unklar, und es gibt verschiedene Theorien, wie sich über die Jahrtausende die Erdschichten verhalten haben könnten, um diesen beeindruckenden Canyon entstehen zu lassen. Wir tragen im Zwiebelprinzip all unsere Klamotten übereinander, aber der arktische Wind zieht durch jede Lücke, und so sind wir froh, nach der kleinen Wanderung wieder im warmen Auto zu sitzen.