Als wir im strömenden Regen auf unserer Radtour in die alte Tempelstadt Tainan eingeladen werden, reisen wir spontan von der Ost- an die Westküste, von wo aus ohnehin in einigen Tagen unser Flug Richtung Japan geht.
Tainen war früher die Hauptstadt Taiwans, und ist deshalb und wegen der vielen alten Tempel, die hier stehen, ein beliebtes Reiseziel der Taiwaner. Die Stadt wurde 1621 als niederländische Kolonialstadt errichtet, diese wurden allerdings schon 40 Jahre später wieder vertrieben, und Tainan zur Hauptstadt der (damaligen) Präfektur Taiwan.Tatsächlich ist Tainan heute eine der wenigen Städte Taiwans, die über wirklich historische Orte verfügt.
Wir nehmen den Zug von Taitung, kaufen uns eine der landestypischen Lunchboxen, in denen ein ganzes Gericht mit Reis, verschiedenen Gemüsen und Fleisch zusammengepfercht ist, und machen es uns in den komfortablen Sitzen bequem. Seltsamerweise ist das Essen dieser Boxen, die durchaus einer warmen Mahlzeit entsprechen und entsprechend geruchsintensiv sind, in den Zügen völlig gängig, und fast jeder Fahrgast schaufelt mit seinen Stäbchen vor sich hin. Das ist deshalb überraschend, weil in der Metro weder Essen noch Trinken erlaubt sind. Und dieses Konsumverbot beginnt schon mit Betreten der Station!
In Tainan treffen wir unseren Gastgeber, und folgen ihm durch ein unübersichtliches Gewirr kleiner Gänge. Dann geht es hoch ins oberste Stockwerk und in die beeindruckend spartanisch eingerichtete Wohnung. Tatsächlich gibt es nichtmal Geschirr oder Besteck, zudem keine Tische, Stühle oder Bettgestelle und wir fragen uns, wie man eigentlich so wohnen kann, wenn auch nur für ein paar Monate. Unser Gastgeber warnt uns noch vor dem großen Loch in der Badewanne. Das der Putz im Nachbarzimmer von der Wand hängt, weil jeden Tag mehrere Duschladungen Wasser ins Gebäude sickern scheint hier noch niemand geschlussfolgert zu haben. Wir flicken die Badewanne mit unserem Gaffa-Tape und machen es uns im Nachbarzimmer am Fuße der Schimmelwand bequem.
Neben dem Canadier, Amerikaner und Taiwaner leben zwei Katzen in der Wohnung, die sich nur schwer davon abhalten lassen, sich in unserem Bett, AKA Matratze im Flur, einzurichten. Sie haben einen erstaunlich kleinen Dachschaden, haben sie doch bislang die Außenwelt nur auf dem Weg zum Tierarzt zu Gesicht bekommen.
Das Wetter in Tainan ist leider durchwachsen, sodass unsere Stadttour immer wieder von Schauern unterbrochen wird. Nach einem Mittagessen mit unserem Gastgeber – wir essen thailändisch, und es gibt eines unsere Lieblingsgerichte, Fried Chili Basil – und einem Spaziergang über den Unicampus kommen wir tatsächlich im historischen Viertel an, und schaffen es weitgehend im Trockenen einige Tempel zu besichtigen. Die Tempeldichte ist wirklich beeindruckend hoch und immer wieder landen wir an Eingängen zu weiteren Tempeln, die viele einzelne kleine Schreine beherbergen und in denen man sich fast verlaufen kann.
Nach der zweiten Nacht packen wir unsere sieben Sachen und machen uns auf den Weg zur Bahn. Als wir ein kleines 7eleven Frühstück auf dem lebhaften Campus der Universität verspeisen, fällt eine Studentin aus 4m Höhe von einem Klettergerüst/Kunstobjekt und wird wenig später ohne viel Aufsehen vom Krankenwagen abgeholt. Kein schöner Abschied – weiter nach Kaohsiung.