Zu Gast bei Freunden in Osaka

Bei der Planung unseres Japan-Trips steht Osaka im Zentrum. Dies liegt weniger an der Stadt selbst, sondern vielmehr daran, dass wir in Osaka meine ehemalige Mitbewohnerin aus der Spaldingstraße, Ayako wiedersehen werden. Gemeinsam mit ihrem Mann Daitschan wohnt sie im Zentrum der Stadt und wir sind eingeladen ihr Gästezimmer zu okkumpieren.

Mit 2,6 Millionen Einwohnern ist Osaka drittgrößte Stadt des Landes. Die Metropolregion mit über 17 Millionen Einwohnern, zu der auch Kyoto, Nara und Kobe zählen, bildet das Gegengewicht zu dem Kanto-Areal Tokios und zählt zu den größten der Welt. Da die Region bestens per Schiene erschlossen ist, bietet Osaka auch einen guten Ausgangspunkt für Tagesausflüge in die benachbarten Städte. Im zweiten Weltkrieg wurde Osaka mehrfach mit Napalmbomben angegriffen. Etwa 40 Quadratkilometer Osakas brannten und über ein Drittel der Stadt war zerstört.

Wir kommen mit dem Nachtbus aus Fujiyoshida am frühen Morgen in Osaka an. Trotz nachtschlafender Zeit werden wir von Ayako begrüßt. Über fünf Jahre ist es her, dass Ayako einige Monate Gast in unserer Heimatstadt gewesen ist, jetzt werden wir eine gute Woche in ihre Heimatstadt eintauchen und sind gespannt was uns erwartet. Ersteinmal geht es in der U-Bahn zu Ayakos Wohnung. Bahnfahren ist hier für uns etwas komplizierter als in anderen Großstädten. Im Untergrund Osakas verkehren nämlich etwa fünf verschiedene Bahnunternehmen für die es kein übergreifendes Ticket gibt, sondern jeweils separat gelöst wird. Es gilt also immer eine Strecke zu finden, die man komplett in den Zügen einer Gesellschaft fahren kann, ansonsten heißt es doppelt zahlen. Welche Bahn aber zu welcher Gesellschaft gehört ist für uns, die wir des Japanischen nun wirklich garnicht mächtig sind, nicht immer leicht zu erkennen. Die Bahnen füllen sich im Berufsverkehr mit den Menschen, die sich in der nach Tokio zweitteuersten Stadt der Welt behaupten müssen, und auch Ayako macht sich auf den Weg zur Arbeit, nachdem sie uns ihre Wohnung gezeigt hat. Diese ist wirklich sehr gemütlich, mit großem Balkon, offener Küche und einem frisch gemachten Gästebett für uns. Und eine Deluxetoilette gibt es auch hier.

Ayako wohnt unweit eines Flusses, der in den Abendstunden zu einem schönen Spiegel des Geschäftsviertels wird.

Gemeinsam mit Ayako laufen wir durch die bunten Stadtquartiere Namba, Shinsaibashi und Amerika-Mura, die belebt sind wie die Mönckebergstraße zum verkaufsoffenen Sonntag. Aber immerhin sind wir ja auch zur “Goldenen Woche” hier und ein Feiertag reiht sich an den anderen, die Umstände sind also ähnlich. Die bekanntesten Restaurants werben mit großen religiösen Figuren oder auch mal mit einem riesigen Hummer. Der Bekanntheitsgrad einer Restaurantkette lässt sich gut an den Japanern ablesen, die sich für ein Selfie vor ebendiesen positionieren. Besonders beliebt: die lokale Gottheit Osakas, Billiken, der “Gott der Dinge wie sie sein sollten”

Es gibt jede Menge interessante Speisen zu sehen und zu probieren. Geschmacklich bewegt auf einer Skala im oberen Bereich von Köstlich über Interessant zu Sehr eigenartig. Das meiste trifft aber unseren Geschmack. Vor allem beim obligatorischen Sushiessen gibt es für uns einiges interessantes zu probieren, darunter Krabbenbutter und Seeigel.

Etwas entschleunigt geht es in den Tempeln zu. Wir hatten zuvor scchon einige Tempelanlagen gesehen, aufgrund der Sprachbarriere blieb uns aber das meiste verschlossen, was hier vor sich geht. 

An lange Fäden geknotet hängen bspw. zusammengefaltete Zettel von einem Holzgestell. Gegen einen Obulus kann sich der Käufer mithilfe dieser seine Zukunft voraussagen. Die Antworte lassen sich kategorisieren, Hanna zieht das große Los, mir wird empfohlen mich bald mal wieder auf den Weg aus der Stadt zu machen und zwar Richtung Westen. Geht in Ordnung, Hiroshima ist ohnehin unser nächstes Ziel. Für die weitere Reise bekommen wir außerdem von Ayako einen Glücksbringer für Reisende geschenkt, der von nun an unser treuer Begleiter ist, und an unserem Rückspiegel hängend über uns wacht.

Auf dem Nachhauseweg werden wir bei Ayako ums Eck in einer Gallerie auf einen Drink eingeladen. Was genau gefeiert wird ist unklar aber man ist sehr erfreut über uns internationale Gäste und es wird ein sehr netter Abend. Natürlich kommen wir nicht umhin, die lokale Spirituosenspezialität “Shochu” zu probieren, ein Reisschnaps der stärker ist als der uns bekannte Reiswein “Sake”.

Inmitten des modernen Osaka und umgeben von einem breiten Burggraben befindet sich auf etwa einem Quadratkilometer Grundfläche die Burg Osaka. Sie wurde im 16. Jhd gebaut und in der Geschichte immer wieder zerstört und wieder aufgebaut, zuletzt im zweiten Weltkrieg. Die ehemals komplett aus Holz erbaute Festung besteht heute aus Beton. Wir schlendern am frühen Abend durch die große Anlage und weichen bestmöglich den Joggern aus, die uns in ambitioniert-japanischen Tempo über den Weg rennen. Die historische Anlage bildet einen schönen Kontrast zu den modernen Glasbauten, die sich dahinter in den Himmel strecken.

Nachdem wir in Taiwan unser Working-Holiday Visum für Kanada mit dem nervösen Finger auf der F5 Taste unserer Tastatur erfolgreich beantragt hatten, sind nun in mehreren Abgaberunden unterschiedliche Formulare, Informationen und Nachweise vorzuweisen.

Wir brauchen z.B. ein Deutsches Führungszeugnis und um das aus dem Ausland beantragen zu können, muss unsere Idendität beglaubigt werden. Das geht im Deutschen Konsulat der Präfektur Osaka-Kobe, das wir nach einigem Herumgeeier im 35. Stockwerk eines extravaganten Hochhauses finden. Der Generalkonsul ist glücklicherweise vor Ort, sodass die ganze Prozedur innerhalb von 10 Minuten geregelt ist. Die Mitarbeiter hier sind sehr freundlich – ob es an ihrem fantastischen Ausblick liegt? Ayako erzählt uns, dass es hier im Winter sogar einen Weihnachtsmarkt gibt! Wir fühlen uns positiv repräsentiert. Dank der schnellen Bearbeitung bleibt Zeit sich das Gebäude etwas genauer anzuschauen, welches inmitten einer riesigen Brache steht und offenbar Initialzünder für die Entstehung eines neuen Bürokomplexes sein soll.

Die zwei Gebäude des Umeda Sky Buildings werden durch Röhren verbunden, in denen wir mit der Rolltreppe in schwindelerregender Höhe von dem Einen in das Andere Gebäude wechseln. Die Röhren sind in etwa 45 Grad geneigt, sodass man mit der gewohnten Rolltreppen-Steigung durch die Luft fährt.

Auf Japans Flussinsel erkunden wir spontan das Osaka Science Museum, das 1989 zum 100. Geburtstag Osakas eröffnet wurde. Hunderte interaktive Exponate lassen die Besucher auf verschiedenster Weise in die Welt der Energie eintauchen. Da sämtliche Erläuterungen auf japanisch sind, probieren wir uns durch die riesige Ausstellung bis wir nicht mehr können. Am Ende erwartet uns ein humanoider Roboter, der noch einen letzten Zauberwürfel löst, bevor auch er Feierabend macht und das Museum schließt.

Nachdem uns Ayako und Daitschan kulinarisch immer wieder entzücken, kochen auch wir dann und wann typisch Deutsches. Auch ein Deutsches Frühstück steht auf dem Programm. Gekochtes Ei, Teewurst, Mozzarellatomaten und Guacamole treffen auf Essstäbchen. Ein typisch japanisches Frühstück ist für uns übrigens eher ungewohnt, meist gibt es die sehr herzhafte Misosuppe, oder auch andere herzhafte, warme Speisen, die bei uns eher mittags oder abends auf den Tisch kommen.

Unsere Zeit in Asien geht zu Ende. Sieben Monate sind wir jetzt unterwegs, in denen wir Acht Länder bereist haben. Wir blicken auf eine aufregende und mitunter aufreibende, entspannte und auch getriebene Zeit zurück in der wir jede Menge über Land und Leute gelernt und insbesondere Südostasien intensiv kennengelernt haben.

Die letzte Station mit Ayako verbringen zu können war ein besonders schönes Erlebnis, und wir sind den beiden sehr dankbar, dass sie uns so wundervolle Gastgeber waren. Wir haben uns in Osaka schon richtig zuhause gefühlt, und daher fällt Abschied schwer und es fließt das eine oder andere Tränchen, ich verrate aber nicht bei wem.

Wir steigen in den Airport-Shuttle und es geht weiter auf den nächsten Kontinent, es geht nach Neuseeland. 

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