Die dünn besiedelte Ostküste Taiwans mit dem Rad, Wettervorhersage hin oder her, soll super sein – let’s go! Alle Infos zur Orga des Trips gibt´s hier!
Wir richten unsere Basis in Dulan ein ⇒ Zum Artikel. Der kleine Ort ist ein Zentrum für Kunst und Kultur, und hierher hat es neben dem ein oder anderen Aussteiger aus Taipei auch eine Reihe ausländischer Auswanderer verschlagen, die für internationales Flair sorgen. Unser Hostel, das Dulan 102, ist ein bunter Ort mit sehr persönlicher Atmosphäre. Wir fühlen uns gleich wohl und auch die Internetverbindung ist flott, sodass Ole morgen guten Gewissens von uns zurückgelassen werden kann.
Nach einem netten Abend mit gemeinsamem Essen und internationalem Zungenbrecherkontest quälen wir uns um 7Uhr morgens aus dem Bett, um den Bus nach Hualien zu erwischen, und von dort die Radtour zu starten. Wir entscheiden uns für diese Fahrtrichtung, also vom Norden hinunter in den Süden, da man so weniger Höhenmeter bewältigen muss, und mit der vorherrschenden Windrichtung fährt.
Als größter Fahrradproduzent weltweit betreibt das Taiwanesische Unternehmen Giant in vielen Städten Verleihstationen für Treckingräder. Die Räder können recht günstig für mehrere Tage geliehen und an einer beliebigen Station in Taiwan wieder zurückgegeben werden. Bei strahlendem Sonnenschein schwingen wir uns auf die top ausgerüsteten Trekkingräder und los geht die Fahrt! Wir entscheiden uns den Highway 11 zu fahren, der immer an der Küste entlangführt, und weniger stark befahren sein soll als die Alternativroute Highway 9.
Die erste Etappe der insgesamt etwa 180km führt über 70km und viele viele Höhenmeter. Wir müssen uns ganz schön die Steigungen hochquälen, aber zum Glück folgt ja auf jede Klettertour irgendwann eine Abfahrt, die mit spektakulären Ausblicken ins Tal belohnt wird. Links liegt der Ozean und die Brandung rauscht gegen die felsige Küste. Rechts türmen sich die Berge auf, die den gesamten zentralen Bereich des Landes bilden. Tatsächlich liegt Taiwan genau auf der Grenze zweier Kontinentalplatten, und das “East Ridge Valley”, durch dass Highway 9 sowie die Bahnlinie verläuft, ist genau der Punkt, an dem die eurasische und die philippinische Platte aufeinander stoßen.
Da wir ja erst mittags losgefahren sind, und durch die vielen Steigungen außerdem etwas langsamer unterwegs sind als erwartet, müssen wir uns ganz schön ranhalten, unser Nachtquartier zu erreichen. Uns wurde empfohlen, im Ort mit dem schönen Namen “Shitiping” nach einem Hotel zu fragen. Als wir ankommen ist es bereits dunkel, aber wir finden eine Unterkunft, und unser Timing war perfekt: Kurz nachdem wir eingecheckt haben bricht draußen ein Gewitter mit sturzbachartigem Regen los.
Ausgeschlafen freuen wir uns, dass wieder die Sonne scheint, auch wenn an den Bergen dicke Wolken hängen. Wir beschließen, erst im nächsten Ort mit entsprechender Infrastruktur (7-Elevens City Café) zu frühstücken. Die Steigungen des Vortags stecken noch ganz schön in den Beinen, und noch dazu hat doch tatsächlich der Wind gedreht! Wir strampeln also gegen eine steife Briese von vorn an, lassen uns aber nicht die Laune verderben. Bis dicke Tropfen vom Himmel fallen, und wir uns gerade noch genau am Wendekreis des Krebses bei einigen Fressbuden unterstellen können. Kann auch nicht jeder von sich behaupten, an einem geografisch so bedeutsamen Ort in einen Schauer gekommen zu sein! Wir hoffen, dass es bald wieder trocken ist, denn unsere heutige Etappe ist zwar nicht so bergig wie die vorige, dafür aber knapp 20km länger.
Schnell kommt die Sonne wieder heraus, und wir radeln weiter. Die Straße ist nun schmaler, sodass die Landschaft noch beeindruckender wirkt, und windet sich mit leichter Steigungen an der Küste entlang. Immer wieder geht es durch kleine Dörfer, die zwar recht verlassen, aber auch oft malerisch wirken.
Als wir endlich unseren ersehnten Convenience Store erreichen haben wir schon fast die Hälfte des Weges geschafft. Als Belohnung gibt es leckeren Kaffee, Nudelsalat mir Erdnusssoße, Sushirollen und Erdbeerjoghurt – hmmm….!
Und als wir uns gestärkt wieder in den Sattel schwingen ist es soweit: Der Regen beginnt, und will von nun an auch nicht mehr wirklich aufhören. Anfangs stellen wir uns noch unter, um nicht völlig durchnässt zu werden, aber nach einer Weile fahren wir einfach weiter, wie zwei begossene Pudel, immer gegen den Wind. Wenn ich eins von beiden ausstellen könnte, Regen oder Wind – jetzt gerade wäre es der Wind, der mir wirklich den letzten Nerv raubt. Der Regen hat uns zwar komplett durchnässt, aber immerhin ist es recht warm. Unterwegs treffen wir auch immer wieder auf die gleichen Leidensgenossen, eine Gruppe Taiwaner, bestens ausgerüstet mit Rennrädern und entsprechendem Outfit, die Strecke von Hualien nach Kenting in einem Tag radeln, und am folgenden Tag dann auf dem Highway 9 wieder zurück. Und ein Kanadisch-Taiwanisches Pärchen – er auf kleinem bepacktem Rad, sie auf schickem Fixie – barfuß damit ihre Schuhe nicht nass werden – und mit dickem Rucksack auf dem Rücken. Nach kurzem Schnack bietet er uns netterweise direkt an, in seiner Wohnung in Tainan, der früheren Hauptstadt zu übernachten, womit unser nächstes Reiseziel auch schon feststeht.
Schließlich haben wir es endlich geschafft, und fahren kurz nach Einbruch der Dunkelheit in Dulan ein. Völlig erledigt und stolz auf unsere Leistung gönnen wir uns noch ein Bier zur Livemusik im Hostel nebenan, bevor wir total erledigt in unsere Betten fallen.
Am nächsten Tag steht unsere letzte Etappe an, die letzten 15km nach Taitung, wo wir unsere Räder wieder abgeben müssen.
Der Regen hat aufgehört, und bei schönstem Sonnenschein geht es mit Rückenwind und überwiegend bergab auf zur letzten Etappe. Kurz nach Dulan liegt plötzlich ein riesiges Schiff am Straßenrand. Wir wundern uns wer das wohl abgelegt haben mag. Ein ernsthafter defekt ist auf den ersten Blick nicht festzusstellen. Wir überlegen kurz unsere Reise mit Hilfe unseren neuen Funds auf dem Wasserweg fortzusetzen, entscheiden uns dann aber dagegen weil mein Magen auf langen Schiffsreisen mitunter empfindlich reagiert. Kurz darauf passieren wir die nächste Kuriosität: das Naturphänomen “water flowing upwards”.
Wie der Name und der Parkplatz voller Reisebusse voller Chinesen vermuten lässt, gibt es hier etwas zu sehen, dass allen Naturgesetzen widerspricht und tatsächlich: Neben der Straße plätschert ein Bach den Berg hinauf! Wir laufen den Bachverlauf einige Male ab aber die Illusion scheint perfekt. Wie kann das sein?
In Taitung stoßen wir auf eine ehemalige Bahnlinie, die zu einem Rad-Wanderweg transformiert wurde. Der Weg führt uns auf etwa 20km quer durch die Stadt in Richtung der Berge und wieder zurück in die Stadt. Als wir gerade eine kurze Rast in unserem Lieblinsgeschäft 7eleven einlegen, geht vor der Tür ein Mordsgetöse los. Batterien von Chinaböllern werden von einem jugendlichen mit Gasbrenner gezündet und dahinter wird feierlich, im einstudiert schaukelndem Gang, ein Holzkonstrukt durch den beißenden Schwarzpulverqualm getragen. Die Straße ist etwa die ersten 20 Meter mit den unerträglich lauten Sprengkörpern bedeckt, die Reihe für Reihe vor dem Festzug gezündet werden, danach wechselt der Bodenbelag zu kleineren roten, die eher wie Knallfrösche klingen. Es geht einige hundert Meter durch ein vom Rauch vernebeltes Wohngebiet bis zu einem Tempel. Auf dem Rückweg fegen die Anwohner bereits das Feuerwerk von ihren Grundstücken auf die Straße und dort werden auch schon die Überreste des Spektakels auf die Ladefläche eines Transporters geladen.
Knapp vor Geschäftsschluss sind wir wieder am Bahnhof, wo sich der nächste Giant Verleih befindet. Leider fährt uns der erste Bus nach Dulan wegen Kommunikationsschwierigkeiten buchstäblich vor der Nase weg, sodass wir noch ein halbes Stündchen Zeit haben uns am Bahnhof umzuschauen. Aus Neugier kaufen wir uns bei einem Straßenhändler eine grüne Frucht die, von innen weiß, fast nur aus Kernen besteht und deren sämiges Inneres sich zuckersüß löffeln lässt. Wie diese Frucht heißt haben wir nie herausgefunden.