Deluxe aufs Klo in Tokio

Japan ist eins dieser Länder, die weit weg erscheinen, als ob es irgendwie unwahrscheinlich wäre, dort wirklich einmal hinzufahren. Und so sind wir auf unser nächstes Ziel ganz besonders gespannt: Wir fliegen nach Tokio.

Mit fast 40 Millionen Einwohnern ist Tokio mit den kernstädten Yokohama, Kawasaki und Saitama die größte Metropolregion der Welt. Täglich pendeln über sechs Millionen Menschen in die Stadt. Fast drei Milliarden Fahrgäste transportiert die Tokioer U-Bahn jährlich. Werktags zwischen 7.50 und 8.50 Uhr ist sie planmäßig zu fast 200% ausgelastet. Dann kommt ein seltener Berufszweig zum Einsatz, der Drücker, der die Fahrtgäste in die Bahnwaggons schiebt bevor sich die Türen schließen. Nur ein Fünftel der Verkehrsbewegungen in Tokio passieren mit dem PKW, sodass die Luftqualität verhältnismäßig ok ist. Der Großteil der Bewegungen, etwa 15 Milliarden jährlich, geschehen mit dem öffentliche Nahverkehr. Somit werden in Tokio deutlich mehr Fahrgäste transportiert als in den gesamten USA. Wer einen Sitzplatz ergattert hat nutzt die Zeit gern für ein Nickerchen, ist der Zug richtig voll lässt es sich aber sicher auch im Stehen ganz gut schlafen.

Obwohl Tokio die viertteuerste Stadt der Welt sein soll finden wir ein erschwingliches Hostel. Erst in der vorherigen Woche eröffnet ist alles blitzsauber und auf Toilette erwartet uns eine ungeahnte Funktionsvielfalt. Etwas zu neugierig vielleicht und mit den Schriftzeichen nicht vertraut drücke ich direkt auf den verkehrten Knopf und es geschieht merkwürdiges … Auch die Wege am Waschbecken werden sehr kurz gehalten.

An unserem ersten Abend erkunden wir ein wenig die direkte Nachbarschaft. Wir  essen in einem kleinen Restaurant, dass zu einer japanischen Fastfood-Kette gehört, geschmacklich sind wir absolut überzeugt. Beim anschließenden Spaziergang entdecken wir eine winzige Kneipe. Anscheinend ist der Laden beliebt für Afterworkdrinks, und zu dieser späten Stunde ist schon einiges an Sake und Bier die Kehlen hinunter geflossen. Wir werden neugierig beäugt und kommen schnell ins Gesprüch. Nach weiteren Bier und Sake werden wir zu lokalen Snacks eingeladen. Dass wir Wal und Krokodil ablehnen geht noch durch, dafür müssen wir uns dann aber durch andere, nicht moralisch aber geschmacklich grenzwertige Speisen probieren. Es wird zunehmend undeutlich gesprochen und irgendwann schwanken unsere beiden neuen Freunde Richtung zuhause und auch wir machen uns auf den Rückweg. Ein herzlicher Empfang!

Unweit unseres Hostels führt ein Fluss in Richtung des Skytree. Wir kaufen uns ein “Bento”, quasi eine Sushi Box to go, das typische Mittagessen der Japaner, die tatsächlich nicht nur Sushi enthält, und schlendern die schöne Promenade entlang. Auf der anderen Flussseite stauen sich die Autos auf den Hochstraßen und die Sirene der Abschleppfahrzeuge dringt zu uns hinüber, ansonsten ist es ertaunlich ruhig. Ab und zu fährt ein Tourischiff an uns vorrüber, die Promenade selbst wird vorrangig von Anwohnern genutzt, die durch eine Runde Jogging den Smog nachhaltig in ihren Lungen speichern.

In direkter Nachbarschaft zum Skytower sticht ein schwarzer Kubus ins Auge, auf dessen Dach eine riesige, goldene Kackwurst zu tronen scheint. Das Gebäude ist aus glatt-schwarzem Material und blitzeblank sodass spektakuläre Spieegeleffekte entstehen, wenn man vor ihm herumturnt. Wir geben uns dem Spaß eine Weile hin, bevor das Gebäude genauer erkundet wird. Es handelt sich um ein Bauwerk des Stararchitekten und Designers Philippe Stark, der hier die Zentrale des Brauereikonzerns Asahi verwirklicht hat. Passenderweise gibt es im Erdgeschoss eine deutsch angehauchte “Bierhalle” mit Würsten und Braten aller Art.

Der Skytower ist architektonisch unaufregend. Dem Namen nach soll das Bauwerk einem Baum nachempfunden sein, ein metallgerüst schlingt sich aus diesem Grund um den Turm. Grün ist an dem Turm nichts und sowohl der Berliner- als auch der Hamburger Fernsehturm sind schöner, finden wir. Touristen strömen in den gierigen Zylinder, wir boykottieren das hohe Eintrittsgeld und schlendern weiter.

Besonders deutlich wird die Größe Tokios an einem Ort in der Stadt: Dem Bahnhof Shibuya. Hier verkehren neun Linien von vier Bahnunternehmen, und jeden Tag passieren mehr als zwei Millionen Fahrgäste den Bahnhof. Wenn man hier umsteigen muss und sich nicht auskennt, ist es wirklich schwer, den richtigen Weg zu finden! Gut, wenn man es nicht eilig hat! Die eigentliche Attraktion ist aber die Kreuzung direkt vor dem Bahnhof. Diese gilt als die meistpassierte Kreuzung der Welt. Im Minutentakt springen die Ampeln um und es ist faszinierend zuzuschauen, wie sich die Masse in Bewegung setzt und über die Straße strömt. Da alle Autos gleichzeitig rot haben, laufen die Fußgänger kreuz und qure, und trotzdem gibt es kein Gedränge und niemand rempelt andere an. Alles läuft wie am Schnürchen. Und sobald die Ampel wieder auf rot springt bildet sich schon die nächste Menschentraube, die darauf wartet, loszulegen. Im Bahnhof stoßen wir auf ein Mural aus den 60ern, welches auf etwa 20m Länge den Atombombenangriff auf Hiroshima thematisiert.

Im Viertel herrscht buntes Treiben. Wir suchen einen schönen Platz für ein Kaffee bei gutem Blick und fahren einem Hinweisschild nach in den 22 Stock eines Gebäudes, wo sich ein restaurant befinden soll. Die Fahrstuhltür öffnet sich und wir stehen mitten in einer geschlossenen Gesellschaft. Gesellig geht es nicht zu, einige Menschen liegen auf den Tischen und schlafen. Als uns beim nächsten Restaurant fast das selbe erneut passiert beginnen uns zu fragen, ob wir an unserer Kommunikation arbeiten müssen um an einen Kaffee zu kommen. Am Abend schlendern wir durch die, von Werbetafeln erleuchteten Straßen. Glücklicherweise sind die meisten der omnipräsenten Leuchtreklamen für uns völlig unverständlich. Es lässt sich nur erahnen, wie anstrengend diese audio-visuellen Angriffe auf Dauer sein müssen.

Ein großes Laster der Japaner ist ganz offensichtlich das Glücksspiel. Kasinos gibt es überall und sie machen einen Höllenlärm. Drinnen sitzt man am Videospiel und füttert den Automaten mit Münzen, die in großen Kisten um die Spieler stehen. Es ist unmöglich sich zu unterhalten und der Krach ist schwer zu ertragen. 

Generell fällt es uns erstaunlich leicht in einer der teuersten Städte der Welt mit dem schmalen Taler durchzukommen. Aufgrund des kulinarisch sehr hohen Niveaus ist das Fastfood köstlich und kommt mit Salat, Reis und unterschiedlichen Topping gesund daher. Verlässt man die touristischen Hotspots sind aber auch die Restaurantpreise akzeptabel. Nachdem meine ehemalige Mitbewohnerin Ajako einmal Okonomiyaki für die Hamburger WG gekocht hatte, setzen wir uns in ein kleines Restaurant und bestellen ebendieses. Die Tische bestehen aus großen Kochplatten, auf denen die saftige Speise vor unseren Augen gekocht wird. Der Laden füllt sich zusehends mit geselligen Gruppen, die das gemeinsame Kochen zelebrieren. Koch und- Essensgerüche mischen sich mit dem Zigarettenqualm einiger, rauchender Gäste und als wir unseren Platz den wartenden Gästen überlassen ist die Luft ziemlich dick.

Am letzten Tag läuft uns diese Riesenspinne über den Weg. Ich bin mir fast sicher, die Installation schon einmal in Hamburg gesehen zu haben. Wenn mich nicht alles täuscht stand sie eine Zeit vor der Galerie der Gegenwart!?

Auch die Fortbewegung auf dem Wasserweg ist sehr passabel und für uns Matrosen natürlich erste Wahl. Unweit des Skytree ist Abfahrt und ähnlich wie in Hamburg die Linie 42 handelt, es sich auch hier mehr um Fortbewegung als eine Rundfahrt. Anders als in Hamburg jedoch werden wir über die Lautsprecher mit Informationen versorgt.

Am Ende unserer nun fast einwöchigen Erkundung Tokios besuchen wir den Vorgänger des Skytree: Eifelturm Rot-Weiß. 

Die Stadt hat uns bei unserem Besuch in vielfacher Hinsicht positiv überrascht. Sicherlich beeinflusst von Südostasiatischen Metropolen hätten ich mehr Chaos, Gedränge, Geschuppse und Klaustrophobie erwartet. Bis Heute war wohl Manila die Stadt, welche uns abgehärtet hat für alles was im städtisch-chaotischem Sinne kommen kann. 

Nächster Stopp Zu Gast bei Freunden in Osaka.

2 comments to “Deluxe aufs Klo in Tokio”
  1. Willkommen in Japan 🙂 You’ve finally come here!
    I’m checking this blog and waiting for your reports from every city.

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